Bad Temper Joe – One can wreck it all


Dann kommt sie nun in bester Laune –  Die neue CD „One can wreck it all“ von Bad Temper Joe. Sie wird aber leider erst am 12.3.21 veröffentlich und so bleibt derweil nur, sich das Review durchzulesen und die CD dann gegeben falls oder auch ziemlich sicher zu bestellen. Weil – Es rentiert sich. Das Album kommt im Doppelpapiercover mit 12 Songs, die von Bad Temper Joe auch selbst geschrieben wurden. Und wieder wird das Redakteursherz glücklich gemacht, weil im Cover ein Booklet beiliegt, wo das Wichtigste zur CD aber vor allem Texte und Bilder abgedruckt sind. Eine besondere Widmung kommt aber dem Gitarrenausrüster Peter Wahl zu Gute, dessen Gitarren den akustischen Sound des Albums ausmachen. Auch bei diesem Album liegt der Schwerpunkt wieder auf akustischen Blues. Und wer meint, dass das wieder eine sehr einseitige Sache wird, hat sich getäuscht. Bad Temper Joe spielt mit den Raumsounds aber auch mit Begleitmusikern wie Washboard Wolf in der Rhythmussektion, Ian Andrews und Moritz „Moe“ Herrmann als Sänger und an der Pauke, Marcel Rahe an den Harps und Gesang und noch Alexander Scholten-Luchsen am Keyboard. Alles zusammen sorgt dafür, dass das Album „One can wreck it all“ von hinten bis vorne spannend und vielfältig bleibt. Es geht um die gesamte Bandbreite des Blues, seiner Themen, seinen Sorgen aber auch um die immer wiederkehrenden Dinge des täglichen Lebens eines Bluesmusikers.

Die CD startet mit dem schnellen Boogie „The Night Johnny Cash Quit Doing Pills“ und zieht den Zuhörer sofort in seinen Bann. Erstens – Es geht um Musik und Musikern aus nah und fern, die sich treffen, um einfache Musik zu machen und Zweitens – es geht um Zitate und Namen aus der gesamten Musikwelt: Die Travelin‘ Band spielt im Red House, um Kozmik Blues auf dem Rücksitz eines Mercedes-Benz zu machen, aber eben auch um das Ende einer Drogensucht. Leichter Soundwechsel mit „Early Morning Blues“: Harps, dezente Drums und Backgroundgesang um das Hauptproblem der Musiker: Motorische Antriebsschwäche nach durchgemachter Nacht. Dazu feines Gitarrenpicking. Eine kleine Überraschung wartet auf den Hörer mit „Hole in my pocket“: Gitarre, Harp und Vocals mit Echo und Hall stark verzerrt, die Harp kommt über Echoschleifen aus dem tiefen Soundcanyon. Eine tolle Umsetzung des derzeitigen Hauptproblems von Musikern: Erwerbslosigkeit, weil die Krise sie alle auf dem Boden zwingt. Darlehen, die bezahlt werden müssen, geben den Rest dazu. Die End- und derzeitige Aussichtslosigkeit ist mit dem tiefen Echo und Halleffekten bestens projiziert. Der Songs besticht, weil er eben im Sound und Aufmachung sich deutlich unterscheidet und interessant ist.  Dann mit „Don’t mess with a mule“ ein Ragtime. Schnelles Gitarrenpicking,  raschelndes Washboard und dem Hinweis, den Booze links liegen zu lassen und in Ruhe den Brei zu schlucken und den Mund zu halten. Dann der Titelsong „One can wreck it all“ – Ein langsamer Blues über den berühmten kleinen Fehler, das falsche Wort oder den verschossene Elfmeter, der alles ruiniert mit den ernstgemeinten Rat: Pflege Deine Freundschaften, weil Du sie brauchen wirst. Das ist inhaltlich alles weit mehr als nur die Standardbluesphrasen. Dazu intensives Bluesgitarrenspiel. Nach so viel aufreibenden Bluesmessages kommt mit „Crazy World“ die erst Ballade des Albums. Bad Temper Joe bricht unheimlich sensibel die heute verrückte Welt runter bis auf die verrückten Nacht und die verrückten Liebe in einer verrückten Stadt. Die Harp, die Gitarre und ein Sound wie aus einem amerikanischen Canyon – Sehr fein. Mit „Wishing Well“ wieder ein etwas düsterer Blues: Einfacher Gitarrenrhythmus vom Himmel gesandt, Pauken aus der Hölle und das Flehen an Lightnin‘ Hopkins, sein Lied noch mal zu singen. Traue keinem Wunschbrunnen, wenn es um Dein Leben geht. Nach so viel Tristesse ein Gitarrenboogie, der aber im Resultat kaum besser endet als „Wishing Well“: Wegen Straßenarbeiten kommt er immer zu spät zur Holden, die sich derweil anderweitig vergnügt. Die Bluesharp zwitschert und der Chor warnt den Helden, dass die Straßen blockiert sind. „Me and my rockin‘ chair“ zeigen Bad Temper Joe in vielen Jahren in der verdienten Rentenzeit mit dem Schaukelstuhl, den Zähnen im Glas und dem Plan, es sich gemütlich zu machen. Ein schnell gezupfter Blues mit Slidepassagen unterlegt und mit dezenten Drums in Fahrt gebracht. So kann man die Rente mit gut eingespielten und schnellen Song genießen. Wesentlich langsamer geht „I’ll never get well no more“. Ein ruhiger Song, ein bisschen Fingerpicking, ein bisschen Slide, es braucht nicht viel, um den Blues zu spielen. Er fühlt sich krank, bettelt um Hilfe, das Gericht hat sein Urteil gefällt und er ist zu schwach, um noch mal zu brüllen. Es besteht Hoffnung, aber es wird nie wieder so wie früher. Es muss ja nicht um einzelne Personen gehen – Es könnte ja auch den Zustand einer Gesellschaft oder der Welt beschrieben sein. Ein sehr gelungener Blues, wenn die Gedanken um den Verlassenen kreisen. der letzte Akkord in Moll. „If her hair ain’t longer than mine“ vergleicht er seine Haarlänge mit der Haarpracht seiner Damen. Und die Dame, die längere Haare hat als Bad Temper Joe selbst darf bleiben, was schon alleine bei der Haarpracht des Musikers nicht leicht ist. Das Stück ist wieder ein Boogie, der durch Drums und Harp tatkräftig unterstützt wird. Es ist schön, wenn Stücke so unterschiedlich und variabel eingespielt und interpretiert werden. Und es bleibt aber immer der spannende Blues, der weit mehr ist als das in den 40ern des letzten Jahrhunderts geborene 12-taktige Gebilde  Das letzte Stück von Bad Temper Joes Album „One can wreck it all“ ist die Ballade „The promise“. Es ist eine sensible Gitarrenstück, eine Selbstreflektion über das Versprechen, es in Zukunft besser zu machen. Der Sound des Songs ist phantastisch mit der gepickten Gitarre im Vordergrund und einem röhrenden Sound, der aus dem Hintergrund sich tief in das Bewusstsein bohrt.

Munich Talk Hörempfehlung: „Hole in my pocket“ weil der Sound und die Intensivität sich deutlich vom Standardbluessound abhebt und die beiden ungewöhnlichen Balladen „The promise“ und „Crazy world“, weil sie Gemütszustände in eine musikalische Form bringen, die einen zuhören läßt. Auch „Wishing well“ gehört zu den akustisch interessantesten Songs des Albums. Aber Blues ist auch lustig und schnell: Daher kommt auch „Road Works Rock“ auf die Liste.

Munich Talk Résumé: Ein Album voll mit akustischen Gitarrenblues und viel Bandbreite über die Stärken und Schwächen des Bluesmusikers und der Herausforderung, in einer Zeit wie Dieser leben zu müssen. Im Vordergrund steht immer die raue Stimme von Bad Temper Joe gepaart mit perfekten Gitarrenspiel und unterstützt von Begleitmusikern, was das Album spannend und den Blues vielfältig macht. 

Songliste:

01 The Night Johnny Cash Quit Doing Pills
02 Early Morning Blues
03 Hole in My Pocket
04 Don’t Mess With a Mule
05 One Can Wreck It All
06 Crazy World
07 Wishing Well
08 Road Works Rock
09 Me and My Rockin’ Chair
10 I’ll Never Get Well No More
11 If Her Hair Ain’t Longer Than Mine
12 The Promise

Musiker:

Bad Temper Joe – Gesang, Gitarre, Piano, Footstomper und Pauke

Washboard Wolf – Waschbrett, Kick Drum, Perkussion

Ian Andrews – Gesang, Pauke

Moritz „Moe“ Herrmann – Gesang, Pauke

Alexander Scholten-Luchsen –  Piano, Gesang

Links:

https://www.badtemperjoe.com/

Bestellungen: https://timezone-records.shop/products/bad-temper-joe-one-can-wreck-it-all

Videos:

 


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