Bereits seit langem freute ich mich darauf, San 2, Sänger und Harpspieler aus München einmal live zu erleben. Am 17.05.2019 war es dann endlich soweit. Auf seiner Promo-Tour für sein neues Album „The Rescue“ durch Deutschland und Österreich machte er abschließend Station in der Music Hall Worpswede. Das Konzert wurde von Radio Bremen Zwei mit den Worten, wie ein Ford Mustang klinge, in Anspielung auf das Albumcover, präsentiert. Entsprechend häufig wurde ich im Radio an den Termin erinnert.
Der Saal füllte sich, das akademische Viertel einhaltend begann das Konzert, indem der Keyboarder Matthias Bublath auf die noch verdunkelte Bühne kam, sich an seine Instrumente setzte und sphärische Sounds kreierte, der Rest der Band enterte die Bühne und ich glaubte meinen Ohren kaum. Jazz-Fusion-stylisch zwischen Space Odity und Weather Report stimmte die Band die Zuhörer auf den Abend ein. Es war mehr faszinierend als verstörend – wo war der angezeigte Soul und Modern-Blues? Und dann betrat San 2 die Bühne – und da war er der Soul-Patrol-Sound. Der Titelsong „Rescue Me“ erklang: „I´ll hold out my hand, Rescue Me“. Ein wunderbarer Ohrwurm grandios vorgetragen! Das Publikum quittierte mit begeistertem Applaus. Die Musiker hatten das Publikum auf ihrer Seite. Mit „The Day When We Began“ wurden nicht nur die instrumentalen Qualitäten der Bandmitglieder deutlich. Drei Background-Stimmen ließen die Sängerinnen von der Scheibe in keinster Weise vermissen.
Und dann waren alle im Saal bereit für den rhumbaesken Bluesausflug. Mit T-Bone Walkers „Hard Way“ zauberten sie Tanz-Feeling auf die Bühne. Peter Oskar Kraus am Schlagzeug zeigte bereits hier seine Gesangsqualitäten. San 2 ist nicht nur Hohner-Artist, beherrscht er doch sein Instrument, sondern er verbindet damit auch seine Entertainer-Qualitäten. Er sprang hier von der Bühne und spielte ganz akustisch im Publikum, sehr mitreißend nicht nur für die erste Reihe vor der Bühne. Mit „Born On The Southside“ kamen sie wieder zu ihrem Tonträger zurück, schön soulig groovend und das Publikum stieg mit in den eingängigen Refrain ein. Es machte unbändige Freude dieser Band und ihrem Frontmann zuzuhören und mitzugehen. San 2 maß förmlich die Bühne in besonderen Tanzmooves aus, hüftkreisend, moonwalkig …
Launige Ansagen stellten nicht nur die Stücke vor, sondern diese nutzte San 2 auch für die Präsentation seiner Mitmusiker. Ein tolles Element dieses Konzerts war die unglaubliche Abwechslung im Laufe des Abends: Songs von der Scheibe wechselten sich mit Soulklassikern ab. San 2 konnte die Bühne verlassen und der bereits erwähnte Peter Oskar Kraus, der sich im Laufe des Abends zum heimlichen Publikumsliebling entwickelte, sang „Take Me To The Pilot“ – ja die frühe Elton John Nummer. Als Reminiszenz an die Großen des Musik-Business präsentierte Sebastian Schwarzenberger sein Arrangement von „Hard Days Night“. Neben der tollen Saitenarbeit an der Gitarre gab es hier für Sebastian Gieck am Bass die Gelegenheit, seine solistischen Fähigkeiten in den Vordergrund zu stellen. Und auch „The Joker“ von Steve Miller in einer schön smoothy-souligen Version verzauberte die Zuhörerinnen und Zuhörer, nicht nur wegen des neuen Bühnenoutfits. „I´m Moving Up“ verführte das Publikum wieder zum Grooven und Mitsingen. Trotz sperriger Bridge muss man bei dem Refrain einfach mitmachen. Die bereits angedeutete Abwechslung steigerten Schwarzenberger an der Mandoline, Kraus am Tambourine und San 2 an der Harp noch in einen kleinen Bluegrassausflug. Ein schönes Medley, nicht aus angedrohten 200 Stücken, machte deutlich, dass hier grandiose Musiker, Instrumentalisten und Sänger mit einem breiten musikalischen Spektrum auf der Bühne stehen. Matthias Bublath kam wieder auf die Bühne und San 2 zelebrierte mit ihm im Duo einen tollen Song von The Band.
Mit „Stronger“ kamen sie wieder alle gemeinsam auf „The Rescue“ zurück, ein schönes Liebeslied mit einer markanten Hookline von Harp und Keyboards gesetzt, geradezu so kompakt wie im Vinyl-Sound. San 2 spielt seine Harp sehr band-dienlich, nicht zu viel, keine ausufernden Soli, bei „Fat Bottom Boogie“ mochte der Bassman anfangs wohl nicht so recht die Töne der Harp verstärken. Im Solo funktionierte dann aber alles richtig. Und zu einem Boogie gehört natürlich auch ein Pianist mit einer treibenden linken Hand, faszinierend wie Bublath als Komponist das Genre hier in ganz moderner Weise umsetzt.
Im fulminanten Schluss vor der Zugabe konnten auch Sebastian Gieck mit einem grandiosen Bass- und Peter Oskar Kraus mit einem schönen Schlagzeugsolo noch einmal zeigen, dass sie nicht nur die Band groovend zusammenhielten. Sebastian Schwarzenberger an der Gitarre ließ seine schnellen Finger auf dem Griffbrett hin und her fliegen. Die Zugaben begannen einerseits slow-soulig mit „Tell Me A Secret“, gipfelten dann im Titelsong des 2016er Albums „Hold On“ (hier auf diesen Seiten von Mario Bollinger im April 2016 besprochen). Die Band bedankte sich am Ende der sechswöchigen Tour bei ihrem Frontmann mit einem mehr als zwinkernden Auge.
„The Rescue“ von San 2 and his Soulpatrol als CD und Vinyl hier erhältlich:
https://www.jpc.de/jpcng/poprock/detail/-/art/san2-his-soul-patrol-the-rescue/hnum/8893993
Text und Fotos: Torsten Rolfs