Was soll ich sagen: Klaus Lage wurde von mir in den späten 80er Jahren als Jemand wahrgenommen, der in einem Atemzug mit Westernhagen, Kunze und Grönemeier genannt und den gerade ausgelernten frischen Finanzbeamten dazu diente, die Hippness ihrer Jugend entweder beizubehalten oder gar neu nach außen hin zu definieren. Gerade Klaus Lage wurde zudem noch mit dem Nimbus „die deutsche Antwort auf Joe Cocker“ seitens der Phonoindustrie belegt, damit war für mich als Sammler wirklich alter Schallplatten der Ofen aus und das Interesse konnte bei mir nicht geweckt werden. Darum sollten sich lieber die Behörden kümmern. Tolle Texte und so! Jaja, das hatte ich auch, aber anders. Mittlerweile ist auf meinem Schreibtisch die aktuelle Produktion aus dem Hause Lage gelandet. Swing ist mal wieder im Kommen und das Wort Big Band kann auch schon mal Götz Alsmann Fans begeistern. Ich habe erstmal geschluckt und tief durchgeatmet, das Opus ein paar Tage liegengelassen (hilf bei Wein ja auch) und auf dem Weg zur Probe habe ich mich dann doch getraut und … es hat gefallen!
Wir haben hier einen sehr authentisch singenden Klaus Lage, ich glaube, das war er früher auch schon, aber er singt hier mit der Band und nicht vor der Band, was die Sache schon wieder sehr rund macht. Natürlich ist auch hier die Sprache die Sprache für’s Tagebuch, hier heißt der Fernseher schlichtweg „Glotze“ usw, aber ich glaube, seine Fans brauchen das sehr betont Volksnahe. Die Band spielt sehr sauber im Satz, sehr pointierte Arrangements mit trickigen Breaks und hie und da ein kleines Zitat an die goldene Zeit des Swing wie z.B. der Begleitsatz aus Charlie Barnet’s „Cherokee“. Das freut den Kenner und läßt diebisch grinsen, aber es ist sehr sehr gut gemacht, daher großen Dank an Joachim Refardt für das Zusammenpuzzeln der einzelnen Stimmen. Hier wurde Wert auf den Gesamtklang des Orchesters und einen sehr gut phrasierenden Sänger gelegt, nicht totgespielt, sondern sehr lebendig und man hört, daß die Musiker großen Spaß beim Spielen hatten. Und der Klaus kann’s, das hätte ich nicht gedacht. Bleibt nur noch zu erwähnen, daß sämtliche Rhythmen, die im Kontext einer Big Band im nicht zu sehr abgefahrenen Stil gerne machbar sind, auch bedient werden, selbst die 2nd Line aus New Orleans. Ein gutes Album, welches allerdings im Innern brauchbare und sachdienliche Informationen über das Album selbst vermissen lässt. Dann warten wir mal auf „Klaus Lage sings the Nat King Cole Songbook“ oder „KL At The Cotton Club“.
The Mooche, Mai 2018
Songliste:
1 MIT MEINEN AUGEN 4:14
2 SO GEKÜSST 3:39
3 MONOPOLI 3:33
4 BIN SCHON WEG HIER 4:13
5 1000 UND EINE NACHT 3:58
6 DAS HAT MIT LIEBE NICHTS ZU TUN 4:13
7 KOMM, HALT MICH FEST 4:10
8 LIEBESBRIEFE 3:31
9 UNTERWEGS 3:31
10 ICH BLEIB DIESEN SOMMER ZU HAUS 3:15
11 NACH OBEN 3:37
12 FAUST AUF FAUST 4:26
13 MANCHMAL 4:37
14 TANTE LU 4:06
15 JEDEN TAG 4:13
Links:
https://www.facebook.com/682852795194060/videos/1414879145324751/
Videos: