Netzfundstücke von Matthias Gerhard (Schneider)
Beim Stöbern im Internet stößt man auf interessante Personen und Bands in Sachen Blues. Leider können diese nicht immer gleich eine CD vorweisen oder eine vorhandene CD ist schon etwas älter oder es gibt eine brandneue CD. Ich möchte Euch diese Sachen nicht vorenthalten und stelle Euch diese Künstler im hier vor.
CD: Martin Lang – Ain’t No Notion (2017)
Martin Lang ist seit mehr als fünfundzwanzig Jahren in den Blues involviert. Seit er 1989 nach Chicago kam, um an der Universität zu studieren, hat sein Leben nicht aufgehört, sich um den Blues zu drehen. In dieser Stadt lernte er Dave Waldman kennen, der ihn in den Blues und insbesondere in die Geheimnisse der Mundharmonika einführte. Von da an tauchten Martin´s Körper und Seele in diese Welt ein, er frequentierte jeden einzelnen der Clubs in der Stadt von Norden nach Süden und kultivierte sich selbst, indem er den großen Meistern des Genres wie Little Walter, Walter Horton, James Cotton, Dave und Louis Myers oder Johnny Burgin zuhörte. Heutzutage ist Lang eine echte Referenz für den Klang der Harmonika der fünfziger Jahre geworden. „ Ain’t No Notion“ ist ein ausgezeichneter Beweis für all das und beinhaltet dreizehn Songs mit Verweisen auf Junior Wells, Jimmy Rogers, Little Walter oder Frank Frost. Neben Martin Lang (Gesang und Mundharmonika) finden wir auch Rusty Zinn und Billy Flynn an den Gitarren, Oscar Wilson am Gesang, Illinois Slim und Jimmy Upstairs am Bass, Dave Waldman am Piano und Dean Haas am Schlagzeug. Der reinste Blues aus Chicago, wie er in den fünfziger und sechziger Jahren gespielt wurde. Grossartig
Frank Frosts klassischer „Backscratcher“ eröffnet sein Set. Lang bietet Vocals und seine Harp wird durch einen „Leslie Speaker“ verstärkt. Seine tiefen Vocals sind resonant und interessant und die Harp hat Momente, in denen sie wie eine Orgel klingt. Sehr cool! Little Walters „Blues With a Feeling“ folgt mit Wilson als Sänger, der die Texte heult, und Lang spielt wunderschön eine brennende Harp, die die Luft wie ein Messer schneidet. Langs „The Hard Ten“ ist das nächste Stück, ein raffiniertes Instrumental, in dem Lang eine fantastische Harp bläst. Junior Wells ‚“Come On In diesem Haus“ gibt uns Wilson als Sänger und Lang als Sparringspartner auf seiner fetten Harp. Langs Einsatz auf der Harp ist einfach dreckig wie hübsch. Ein schönes Gitarrensolo ergänzt diesen atemberaubenden langsamen Blues. Waldman erscheint für den ersten von zwei Auftritten auf „10:30 Blues“, ein weiteres Original von Lang. Langs Harp und die Gitarre plappern in diesem langsamen und erhabenen Blues miteinander. Als nächstes kommt Jazz mit Herbie Hancocks „Watermelon Man“. Das Tempo ist weit vom Original entfernt und die Jungs machen alles gut. Zinns Gitarre wird hier mit dem „Leslie“ behandelt und das ist sehr interessant.
Billy Flynn spielt die Mandoline und drückt dadurch den Spaß an „Chromando“ aus, einem Stück, das er und Lang geschrieben haben.
Billy und Martin gehen instrumental hin und her, während Zinn zurück bleibt, aber sich gut mit der Rhythmusgitarre fühlt. Waldmans Klavier ist für diesen Titel vorgesehen, scheint aber in der Mischung unter zu gehen. Zinn stellt den Gesang von Jimmy Rogers „You’re The One“ in den Vordergrund und erfasst wirklich den Geist des Songs. Es ist ein süßer Chicago Blues, bei dem Lang auf der Harp brilliert. „Mile High Blues“ ist ein weiteres Lang-Instrumental mit eindringlicher Harp. Manchmal fühlt es sich an, als würde ein Wolf musikalisch in den Bergen heulen, statt einer Harp – gut gemacht. Langsam und sehr sauber gemacht. „Blues Today“ wählt etwas gemeines aus, während Wilson dén Text schreit und Lang mit seiner Harp hinter ihm liegt. Harp und Gitarrensoli sind in diesem langsamen Blues wieder einmal gut gemischt. Little Walters „Can not Hold Much Longer“ bietet wieder Wilson als Sänger und die Harp und die Gitarre harmonieren miteinander. Nun kommt ein Klassiker mit „Walking By Myself“. Wilson und Lang duellieren sich mit Stimme und Harp und die Gitarre dazu fühlt sich süss an. „Hip Twist“, ein weiteres Original, beendet das Album. Lang singt hier wieder, vielleicht fehlt ihm etwas Selbstvertrauen, aber seine tiefe und resonante Herangehensweise ist cool. Die Harp ist wieder vorne und in der Mitte und die Gitarre hat einen schönen Groove.
Das Album ist wirklich ein Meisterstück. Meistens dunkel und langsam, es kommt mir vor, als wäre es eine langsame Nacht in einem alten, rauchgefüllten Club in den 50er Jahren auf Chicagos Südseite mit den Jungs, die ihre Favoriten spielen und jammen. Die Songs sind cool und die Instrumentals zeigen die Originalität der Musiker. Jedes Hören bringt neue Nuancen hervor und das hat mir bei jedem Anhören Spaß gemacht. Ich wünschte, Martin würde ein bisschen mehr singen, da er eine nette Bariton / Bass-Stimme hat, aber mit Oscar Wilson als Frontmann kann man wirklich nicht viel besser werden. Langs Original-Songs bleiben der Chicagoer Blues-Tradition treu und klingen dennoch neu und frisch. Er spielt meisterhaft in verschiedenen Positionen auf verschiedenen Harps. Flynn und Zinn bieten spektakuläre Gitarrenunterstützung. Dies ist ein wirklich schönes Album und es lohnt sich, es für deine Sammlung anzuschaffen – sehr empfehlenswert!
Tracklist:
- Back Scratcher (3:53)
- Blues With A Feeling (4:19)
- The Hard Ten (3:12)
- Come On In This House (5:00)
- 30 Blues (6:34)
- Watermelon Man (4:54)
- Chromando (3:36)
- You’re The One (2:50)
- Mile High Blues (3:12)
- Blues Today (5:30)
- Can’t Hold Out Much Longer (2:51)
- Walking By Myself (2:56)
- Hip Twist (4:01)
Line Up:
- Martin Lang – Harp & Vocals
- Billy Flynn – Guitar
- Illinois Slim – Bass
- Rusty Zinn – Guitar
- Dean Haas – Drums
- Oscar Wilson* – Vocals
- Dave Waldman* – Piano
- Jimmy Upstairs* – Bass
* Guest Artist
Videos und Musikbeispiele:
Martin Lang – Ain’t No Notion
Martin Lang Harmonica „Scratch My Back“ Live
Martin Lang – Slim Harpo cover – Baby Scratch My Back
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