Bernard Allison: Ist Europa die Option?


Interview: Mario Bollinger

Fotos und Video: Christophe Rascle

Anlässlich der Europatour 2017 von Bernard Allison hatte  MunichTalk nicht nur das  Konzertreview aus der Blues Garage in Hannover, sondern bekam auch ein Interview vor seiner Show in der  Münchener Livebühne Garage Deluxe.  Bernard Allison zeigte sich als sympathischer Gesprächspartner, der sich nicht scheute, auch auf private Fragen zu antworten.

MT: Du bist 1965 geboren und gehörst damit zu den jüngeren Bluesmusikern. Fühlst Du ein Blueserbe auf Deinen Schultern lasten, nachdem Musiker wie B.B King und Hubert Sumlin verstorben sind?

Bernard Allison: Eigentlich nicht, da gibt es noch viel mehr, welche die Last mittragen können. Ich bin doch auch schon mit 51 Jahren ein alter Mann und wenn man von der jüngeren Generation redet, findet man z.B. Kingfish…

MT: Aber Buddy Guy ist ja auch schon älter…

Bernard Allison: Ja, er ist der Letzte. Aber ich glaube, es ist alles in Ordnung. Es gibt viele junge Burschen und junge Frauen, die wirklich den Blues spielen. Alles was wir tun müssen , ist darauf zu achten, dass es fortschreiten kann und dass sie es richtig machen. Sie müssen eine Chance bekommen, weil wir bereits die Legenden des Blues verloren haben. Wir müssen ihr Mentor sein, damit sie den tradionellen Blues spielen können oder der nächste Johnny Winter sind. Es gibt eine Referenz, auch wenn sie gestorben sind, aber wir müssen es am Leben erhalten.

MT: Kümmerst Du Dich um junge Musiker?

Bernard Allison: Ja, ich unterrichte Einige.

MT: Du bist in Chicago geboren, aber Dein Stil ist mehr Texas Blues als wie Chicago Blues. Was hat diese Wurzeln verändert?

Bernard Allison: Mein Vater! Er hat zu mir gesagt, nicht das zu spielen, was man von mir erwartete. Für ihn war es ähnlich, da er Otis Redding und Chuck Berry mochte und sich nicht auf Chicago Blues festschreiben lassen wollte. Da bist Du ganz schnell in einer Schublade.

MT: Wenn man Deine Livevideos auf YouTube anschaut, erscheint es so, dass Du lieber Gitarre spielst als singst. Bist Du ein singender Gitarrist oder ein Gitarre spielender Sänger?

Bernard Allison: Ich bin eine gitarrespielend singender songschreibender Musiker

MT: Du liebst es aber, zu spielen!

Bernard Allison: Ich spiele schon gerne, aber wenn ich so lange auf Tour bin, achte ich auf meine Stimme. Ich wähle also so aus, dass ich meine Stimme nicht überstrapaziere. Ich suche weicher Songs aus, spiele ein wenig mehr Gitarre. Die Leute mögen es, wenn ich die Hendrix oder Stevie-Ray-Sachen spiele. Es schont meine Stimme, aber ich mag Beides.

MT: Du hast von 1989 bis 1999 in Paris gelebt. Sprichst Du noch französisch?

Bernard Allison: Oui, un petit peu.

MT: Jetzt lebst Du in Minneapolis/Minnesota. Ist Paris nach der Amtseinführung von Donald Trump wieder eine Option?

Bernard Allison: Ich denke, Deutschland wäre eine Option. Ich wollte immer nach Deutschland kommen. Ich weiß noch genau, was ich tun soll, aber ich würde gerne in der Gegend um Freiburg wohnen, wo das Jazzhaus ist. Das ist eine schöne Gegend.

MT: Fühlst Du Dich nach Barack Obama noch wohl in den USA?

Bernard Allison: Das ist  eine schwere Frage. Wir sind hier gewesen, als das stattgefunden hat. Wir wussten, dass er (Donald Trump) gewählt und in das Amt eingeführt wird. Es ist ein Mist und traurig, dass wir nur diese zwei Optionen hatten. Ich möchte da auch gar nicht so tief in die Politik einsteigen, da sie eh das machen, was sie soundso machen wollen. Es liegt an ihm, das durchzuführen, was er versprochen hatte, aber ich gebe ihm eine Chance und das sage ich auch jedem so. Aber sein Start schaut schon mal nicht gut aus.

MT: Befürchtest Du Änderungen im kulturellen Leben

Bernard Allison: Auf alle Fälle. Gestern habe ich im Fernsehen gesehen, dass der Fugees Sänger Wyclef bereits einen Song umgetextet hat und spricht bereits über den Wandel und Rassismus.  Trump spricht davon, Amerika wieder groß zu machen. Aber eigentlich war Amerika immer groß.

MT: Du hast alle 2 Jahre ein Album veröffentlicht. Das letzte Album war „In the mix“ 2015. Können wir dieses Jahr ein neues Album erwarten?

Bernard Allison: Nächtes Jahr gibt es eine neues Album. Wir fangen an, wenn wir zurückkommen. Da wir noch immer „In the mix“ gut verkaufen, meinte die Plattenfirma, dass es noch kein neues Album braucht. Wir haben dadurch mehr Zeit für das Schreiben und können in Ruhe entscheiden, wo es hingehen soll.

MT: Verkauft Ihr mehr Alben oder mehr Downloads?

Bernard Allison: Auf Tour verkaufen wir sehr viele Alben. Ich weiß, dass im Download momentan viel los ist, aber die Fans kommen auf das Konzert und wollen etwas Signiertes mit nach Hause nehmen. Wir werden sehen, was da passiert.

MT: Bist Du ein „straight forward“ Bluesmusiker oder experimentierst Du auch mit verschiedenen Stilen, Co-Musikern oder Sounds?

Bernard Allison: Ich was eines von 9 Kindern und habe Gitarre spielen durch zuhören gelernt, was meine Brüder und Schwestern gerne gehört haben. Da war Jazz, Blues und Rock dabei. Ich war nie der „straight Forward“ Blueskünstler. Es ist war, dass ich von den großen Albert King und Muddy Waters gelernt habe. Aber die Generation wie meine will mal auch die Seitenbereiche entdecken und zeigen. Ja, es ist alles irgendwie Blues, aber es gibt verschiedene Instrumentierungen, die es immer noch bluesy klingen lassen.

MT: Dein Hut mit den 2 Schlangen war eine Symbol, dass Du mit Deinem Vater Luther Allison geteilt hast. Warum waren diese Symbole so wichtig für Dich?

Bernard Allison: Diese Hüte bekam ich von Stevie Ray. Mein eigener Hut wurde leider in Deutschland gestohlen und daher bekam ich einen neuen Hut mit den zwei Schlangen, die mich und meine Vater repräsentierten und als mein Vater starb, hab ich den Hut mit ihm begraben.

MT: Welche Symbole benutzt Du heute, nachdem, Du den Hut zur Seite gelegt hast?

Bernard Allison: Ach, heute ziehe ich einfach chic an. Ich trage Schlagenlederstiefel oder so was.

MT: Du bist seit über einem Monat auf Tour. Wer hat Dich bisher vermisst und wen vermisst Du am Meisten?

Bernard Allison: Wir versuchen immer noch, alle unser Bekannten zu treffen und zu sehen. Wir haben in den ganzen Shows wirklich nette Leute kennengelernt, die alle gekommen sind, um unser neues Lineup zu sehen. José ist nach einer Herzoperation und fast drei Jahre Abwesenheit wieder dabei. George Moye am Bass und Mario am Schlagzeug, alles unverändert und ich spiele einfach Gitarre.

MT: Aber wer vermisst Dich wirklich, seit dem Du in Europa bist?

Bernard Allison: Ich glaube, meine Mutter vermisst mich am Meisten. Die letzten 6 Monate waren nicht einfach für mich. Ich habe meine Schwester im August und meinen ältesten Bruder 3 Tage von Weihnachten verloren und dann musste ich nach Europa kommen. Ich habe immer Kontakt zu meiner Mutter, um sicher zu sein, dass es ihr gut geht. Sie hat mich aufgefordert, nach Europa auf Tour zu gehen und mein Vater sagte mal, dass man das hält, was man verspricht – außer man liegt im Krankenhaus.

MT: Wie alt ist Deine Mutter?

Bernard Allison: Sie ist 86.

MT: Was machst Du, wenn Du von Europa zurückkehrst?

Bernard Allison: Wir fliegen für ca. eine Woche heim und dann machen wir eine paar Shows in den Staaten. Einfach so ins Blaue, weil wir normalerweise erst wieder im Sommer auf den Festivals spielen. Und dann kommen wir im März/April wieder nach Europa zurück. Wir machen ein paar Shows in Deutschland, aber hauptsächlich in Frankreich, vielleicht ein bisschen Holland und Österreich.

MT: Was wäre aus Dir geworden, wenn Dein Vater Dir den Blues nicht in die Wiege gelegt hätte?

Bernard Allison: Dann wäre ich professionelle Basketballspieler geworden. Ich hatte schon ein Stipendium dafür, habe mich aber für die Musik entschieden.

MT: Was würdest Du heute am liebsten statt Bluesspielen tun?

Bernard Allison: Ich wäre gern Profifischer, ich liebe das Fischen. Ich wohne mitten in Minnesota mit tollen Angelmöglichkeiten.

MT: Kann man davon leben?

Bernard Allison: Für mich muss das entspannend sein.

MT: Mit welchen Musiker, den Du noch nie getroffen hast, möchtest Du eine Session spielen?

Bernard Allison: Eric Clapton, ich habe ihn noch nie getroffen.

MT: Bitte stelle uns doch mal kurz Deine Band vor:

Bernard Allison:

  • Jose ist toll, er war 7 Jahre vor der dreijährigen Pause bei mir. Er ist wie ein großer Bruder für mich. Er ist ein phantastischer Musiker, spielt Sax und Percussions, er spielt Horns und auch das WindSynth, mit dem er den Sound eine kompletten Brasssection generieren kann. Da nutzen wir aber nicht hier auf Tour, weil wir das einfach geradeaus live spielen müssen

  • Mario Dawson  ist seit dem „Chills & Thrills“ Album bei mir, blieb dann vier Jahre und ist seit zwei Jahren wieder bei mir. Bemerkenswerter Schlagzeuger.  Er machte viel Sachen mit Prince, spielte Gospel, HiHop aber wenn wir nicht touren, spielt er viel für die Kirche.
  • George Moye Cleveland/Ohio, er kommt vom Funk und ist ein beeindruckender Bassspieler. Zu der Zeit, als ich George noch nicht kannte, habe ich einen Bassisten gesucht. Ich würde ja gerne auf ein Konzert gehen, aber das kann ich nie in Ruhe machen, weil ich immer zum Spielen aufgefordert werde. Also habe ich ihn mit zwei anderen Musikern zu einem Vorspielen eingeladen und er hat um Längen gewonnen.

MT: Bringen diese Musiker die Alternativen zum Blues?

Bernard Allison: Ja, das ist das Coole bei uns, das ist der unterschiedliche Hintergrund. José spielt Latin und kommt ursprünglich aus Panama, George ist mehr vom Funk getrieben, er ist mit Bootsy Collins aufgewachsen. Wir kennen gegenseitig unser Stile und ich versuche, das auf dem Blues aufzubauen und wir bauen die verschieden Stile darauf auf. Wenn wir dann etwas schaffen, dann denke die Leute, dass es von mir stammt. Aber ich möchte das Lob dafür nicht alleine einheimsen. Um eine erfolgreiche Band zu haben und Spaß auf Tour zu haben muss man zusammenarbeiten und Ideen teilen. Jeder muss mal das spielen, was er nicht unbedingt mag aber damit unterstützt er die anderen Musiker. Die Jungs möchten immer noch alles lernen und fragten mich nach Stücken meiner ersten Alben, die ich jahrelang nicht gespielt habe.

MT: Wie viele Songs hast Du im Portfolio?

Bernard Allison: Ich habe ungefähr 19 Alben gemacht, ich habe so viele Songs geschrieben und viele Aufnahmen mit meinem Vater gemacht, die in privaten Archiven sind.

MT: Nimmst Du nie eine lokale Band für eine Tour?

Bernard Allison: Ich habe das in der Vergangenheit gemacht, wenn ich mal eingeladen wurde. Aber ich bevorzuge meine eigene Truppe, weil meine Sachen doch manchmal anders sind und eben kein 12-Bar-Blues. Ich scheue das Risiko, mit einer Begleitband 2 Tage zu proben und dafür 2 Tage unterwegs zu sein im der Hoffnung, dass die Musiker ihre Sache gelernt haben. Ich habe das mal in Israel gemacht. Die hatten da eine Band für mich, ich habe ihnen ein paar Songs geschickt. Aber ich kann dem nicht vertrauen, dass ich eine Setliste schicke und alles funktioniert. Letztendlich passe ich mich dann den Jungs an und spiele dann alle etwas gerader ohne die Musiker unter Druck zu setzen.

Unser Dank geht an Ray Frick, der uns wie immer unkompliziert zum Gesprächstermin verhalf.

Bilder des Konzerts finden die Leser in unser Galerie und ein zweites Konzertreview erfolgt noch in Kürze


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